Umweltschutz, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit stehen beim städtischen Eigenbetrieb Stadtentwässerung Stuttgart (SES) seit jeher ganz oben auf der Agenda. Nun geht die SES den nächsten Schritt in Richtung Klimaneutralität und Energieautarkie: Das Hauptklärwerk Stuttgart-Mühlhausen erhält ein riesiges Solar-Faltdach.
Abwasserreinigung benötigt viel Energie
Die Klärwerke sind mit die größten Stromverbraucher der Landeshauptstadt – im Hauptklärwerk Mühlhausen werden pro Tag rund 190.000 Kubikmeter Abwasser gereinigt und dessen Rückstände entsorgt. Dazu wird viel Energie benötigt. Bereits heute kann ein großer Teil davon wieder zurückgewonnen werden, z. B. aus der Abhitze der Klärschlammverbrennung und durch das bei der Schlammfaulung entstehende Klärgas. Damit wird der gesamte Wärmebedarf des Hauptklärwerks bis auf einen kleinen Rest von etwa 1,3 Prozent selbst erzeugt. Und rund 23 Prozent des Strombedarfs werden derzeit durch die Eigenstromerzeugung gedeckt.
Nutzung erneuerbarer Energien zur Stromerzeugung
Mit dem neuen Solar-Faltdach, das der Stuttgarter Gemeinderat am 22. Juni 2023 beschlossen hat, können zukünftig weitere 2,2 Millionen Kilowattstunden Strom pro Jahr klimaneutral gewonnen werden. Dies entspricht etwa 9 % des gesamten Strombedarfs im Klärwerk. Im ersten Schritt ist eine flexibel steuerbare Überdeckung des großen nördlichen Belebungsbeckens geplant. Die Funktionsweise ist so einfach wie genial: Ein Faltrollo, dessen Solarpaneele mittels Stahlseilen bewegt werden können. „Dadurch können die Flächen der Belebungsbecken doppelt genutzt werden – zur Abwasserreinigung und zur Stromproduktion. Die unter dem Solar-Faltdach liegenden Klärbecken sind für Wartungsarbeiten mit dem Kran erreichbar, das ist wichtig für den Betrieb“, erklärt Boris Diehm, Abteilungsleiter Klärwerke und Kanalbetrieb bei der SES.
Solar-Faltdach rechnet sich
Das vom Schweizer Unternehmen dhp Technologies patentierte System wird mit über 5000 Solarmodulen eine Fläche von knapp 2 Fußballfelder überspannen. Die Investitionskosten belaufen sich auf 11 Millionen Euro, doch das ist gut investiertes Geld, setzt man es in Relation zu den jährlichen Stromkosten der Stadtentwässerung, die bei den stark angestiegenen Energiepreisen ungefähr bei 10,8 Millionen Euro pro Jahr liegen. Frank Endrich, der kaufmännische Betriebsleiter der SES sieht die Investition als einen positiven und sinnvollen Beitrag zur Nachhaltigkeitsentwicklung des Eigenbetriebs. Mit der Maßnahme werden mehr als 900 Tonnen Kohlendioxid pro Jahr vermieden.