18. Mai 2017

Kanalführungen im Freizeitatlas der Stadt Stuttgart

Ein bisschen glitschig sind die Betonstufen, die Mitten auf dem Fußgängerweg im Schloßgarten in die Tiefe führen. Ein Schild warnt eindringlich: „Erstickungsgefahr!“ Feucht und warm ist es hier in der Kanalisation, der Stuttgarter Unterwelt. Rund 1.700 Kilometer lang sind die Abflusskanäle, die sich wie Verästelungen unter der Stadt erstrecken. Die rund 60 000 verborgenen Kanäle transportieren in der Tiefe täglich den Unrat der Stuttgarter zu den Klärwerken in der Umgebung, vor allem in das Hauptklärwerk in Mühlhausen.

Einmal im Monat können Interessierte sich hier über die Stuttgarter Unterwelt informieren lassen.

Arbeiten in der Dunkelheit

Damit die Abfälle der Stadt auch sicher an ihr Ziel gelangen, überprüfen, reinigen und reparieren zig Mitarbeiter der Stadtentwässerung täglich die Schächte. Ihre Arbeit ist dabei alles andere als langweilig – oft müssen sie sich von Kanaldeckeln in die Tiefe abseilen. „Wir gehen immer nur in Teams in die Kanäle: der Aufsichtsführer bleibt oben und prüft die Lage. Er weiß, wo die Notausstiege sind und checkt das Wetter“, sagt Ingenieur Hannes Meinhold. Natürlich seien alle per Funk verbunden, denn wenn das Wetter umschlägt und es zu regnen beginnt, werde es brenzlig im Kanal. Die Schächte werden dann in Sekundenschnelle überflutet“, erklärt der 33-Jährige ernst. Er bietet gemeinsam mit anderen Mitarbeitern der Stadtentwässerung Stuttgart die Ausflüge in das Kanalsystem an. Ausgestattet mit Handschuhen und Helmen lernen die Besucher bei kurzen Führungen mehr über die Arbeit.

Abseilen in die Tiefe

Für Abenteuerlustige hat die Stadtentwässerung auch fünf Mal im Jahr große Kanalführungen im Angebot. In Schutzanzügen und mit Schirmlampen können sich die Teilnehmer durch einen Kanaldeckel nach unten abseilen lassen und hautnah die Tiefen des Kanalsystems erforschen. Sie müssen dafür allerdings älter als 18 Jahre sein und sich nicht von der Dunkelheit, der Nässe und dem Gestank abschrecken lassen. Auch ist der Gang in die Unterwelt nicht ungefährlich. Durch den geringen Sauerstoffgehalt in den Kanälen herrscht hier ständiger Luftmangel. Deshalb tragen die Kanalmänner immer Gaswarngerät und Selbstretter bei sich. Die kleinen Sauerstoffbehälter verschaffen den Arbeitern im Notfall wertvolle Sekunden, die sie brauchen, um über einen Notausstieg an die frische Luft zu gelangen. Kleine Straßenschilder unterhalb der Kanaldeckel dienen zur Orientierung. Wer auf dem nassen und glitschigen Untergrund ausrutscht, den kann das Abwasser meterweit in den Kanal spülen. Auch deshalb wagen sich die Männer nur mit Seil und Sicherung in den Schacht.

Service: Am ersten Mittwoch im Monat öffnet das Infozentrum Stadtentwässerung in der Stadtbahnhaltestelle Neckartor, Ausgang Schlossgarten, von 15 Uhr bis 17 Uhr seine Türen. Ganzjährig finden große und kleine Führungen statt.

Weitere Informationen und Anmeldung


Freizeitatlas: die schönsten Unterwelten der Region auf stuttgarter-zeitung.de

Sonderseite der Stuttgarter-Zeitung „Freizeitatlas: die schönsten Unterwelten …“ PDF-Download

Quelle: www.stuttgarter-zeitung.de/Lisa Wazulin