Die beiden Großkanäle erfordern auch große Lösungen: Statt eines Kanalspülfahrzeugs kommen Radlader mit speziellen Schaufeln zum Einsatz. Grundlage der Inspektion ist die Eigenkontrollverordnung (EKVO) des Landes Baden‐Württemberg.
Die Großkanäle Zuckerbergstollen I und II befinden sich unterhalb des Zuckerbergs zwischen Bad Cannstatt und Hofen. Über den Zuckerbergstollen I wird das Abwasser aus der gesamten Innenstadt, Hedelfingen und Wangen abgeleitet. Abwasser aus Esslingen, Ober‐ und Untertürkheim sowie dem größten Teil von Bad Cannstatt fließt über den Zuckerbergstollen II zum Hauptklärwerk Stuttgart‐Mühlhausen.
Der Zuckerbergstollen I wurde 1916 in Betrieb genommen und hat eine Länge von knapp zwei Kilometern. Anfang 2000 wurde der Zuckerbergstollen II errichtet und ist mit einer Länge von knapp drei Kilometern einer der längsten Abwasserkanäle ohne weitere Zugänge in Deutschland. Durch die beiden Stollen fließen zusammen etwa 1500 Liter pro Sekunde bei Trockenwetter. Somit sind die Zuckerbergstollen zwei der bedeutendsten Zuflüsse zum Hauptklärwerk Mühlhausen.
Im Rahmen der EKVO muss der Betreiber das gesamte Entwässerungssystem im Turnus von zehn Jahren inspizieren. Dies dient primär dazu, frühzeitig Schäden zu erkennen und rechtzeitig zu beheben.
Aufgrund der außerordentlichen Längen ohne weitere Zugänge und den großen Mengen an Ablagerungen kann das Reinigungsziel für die beiden Stollen mit den heutzutage üblichen Reinigungsverfahren mittels Kanalspülfahrzeug nicht erreicht werden. Daher werden die Ablagerungen in den beiden Stollen mit einer speziellen Schaufel entfernt, die an einem Radlader angebracht wird. Die Schaufel ist eine Sonderanfertigung und wird extra für jeden Stollen passgenau hergestellt.
Bisher konnten rund 200 Tonnen Räumgut aus dem Stollen I entfernt werden. Für den zweiten Stollen werden nochmals 300 Tonnen erwartet. Das Räumgut besteht überwiegend aus Sand und wird durch eine Recyclingfirma aufbereitet.
Indem die Ablagerungen entfernt werden, wird zum einen die Quelle der unangenehmen Geruchsemissionen beseitigt und zum anderen die Durchflussgeschwindigkeit erhöht. Dadurch reduziert sich die Verweilzeit des Abwassers in den beiden Stollen, wodurch sich die Entstehung von unangenehmen Gerüchen zusätzlich verringert. Die Gerüche werden vorrangig durch Schwefelwasserstoff verursacht. Dieses Gas riecht nach faulen Eiern und bildet sich durch biologische Prozesse bei Sauerstoffmangel.
Die beiden Zuckerbergstollen werden noch bis voraussichtlich Januar 2024 gereinigt und inspiziert.
Quelle: Pressemitteilung LH Stuttgart | 06.12.23