Im Rahmen von Instandhaltungsmaßnahmen musste einer der Faultürme im Gruppenklärwerk Ditzingen Mitte des Jahres komplett entleert werden. Der Faulbehälter ist ein wichtiger Verfahrensschritt im Klärprozess. Während der mechanischen und biologischen Reinigung des Abwassers wird der dabei anfallende Klärschlamm in einen Faulbehälter zum Ausfaulen geleitet. Danach wird er entwässert und getrocknet bevor er schließlich verbrannt werden kann.
Herausforderung durch Ablagerungen
Im Laufe der Jahre bilden sich im Inneren des Faulturms Ablagerungen, so dass der Behälter nicht einfach blind entleert werden kann – die Gefahr ist zu groß, dass die Maschinentechnik verstopft. Aus diesem Grund wurde ein spezialisiertes Unternehmen für Kläranlagen-Tauchgänge beauftragt, die Beschaffenheit des Schlamms zu prüfen und mögliche Anlagerungen im Inneren aufzuspüren. Dabei überprüften sie auch die Funktionsfähigkeit der Technik. Anschließend saugten sie den Schlamm aus dem Behälter.
Tauchgang unter erschwerten Bedingungen
Schon für das An- und Ablegen der Tauchausrüstung benötigt der Tauchende Hilfe – Helm und Handschuhe beispielsweise kann er nicht alleine anlegen. Die Beatmung erfolgt über den Helm und zwischen dem Taucher und seinen Kollegen besteht während des Einsatzes ein ständiger Funkkontakt. Für den Einstieg und das Ablassen in den Faulbehälter wird der Tauchende angeseilt und gesichert (siehe Foto oben). Erreicht er den Klärschlamm, entfernte er die Sicherung und der Tauchgang kann beginnen. Zum Ausstieg muss er die Sicherung wieder eigenständig einhaken, bevor ihn seine Kollegen aus dem Behälter ziehen können. Nach Beendigung jeden Tauchgangs wird er samt Tauchausrüstung gründlich mit Wasser gereinigt, bevor er aus seinem Anzug steigen kann.
Sicht gleich Null
Die Tauchgänge erfolgen quasi blind, denn die Sicht in einem Faulbehälter ist gleich null und die Taucher sind auf ihre Hände und ihre Erfahrung angewiesen, um die Situation im Schlammbehälter zu erfassen und zu analysieren. Im Behälter beträgt die Temperatur bis zu 37 Grad – anstrengende Bedingungen, die eine spezielle Ausrüstung erfordern und die Länge des einzelnen Tauchgangs auf 15 bis 30 Minuten begrenzen. Danach hat der Tauchende drei Stunden Pause.
Prüfung des Schlamms und der Technik
Zu Beginn prüften die Taucher den Bodenschlamm auf seine Zusammensetzung. Auch untersuchten sie die Zugänglichkeit des Mannlochs, durch das ein Einstieg ins Innere des Faulturms für die anstehenden Instanthaltungsmaßnahmen möglich ist. Weiterhin wurden die Gaslanzen geprüft, ob sie frei von Schlammablagerungen sind, denn die Gaslanzen in einem Faulbehälter sichern eine gleichmäßige Durchmischung des Klärschlamms und somit einen optimalen Faulungsprozess. Nach einigen Tauchgängen zur Analyse und Klärung der Situation im Inneren, starteten die Taucher die Abtragung des Klärschlamms mithilfe einer Saugleitung, deren Richtung der Taucher dirigierte (siehe Foto).
Der Faulschlamm wurde aus dem Faulbehälter in einen Container als Zwischenlager geleitet (siehe Foto unten), um den Schlamm anschließend schrittweise einer mobilen Siebandpresse zur Entwässerung zuzuführen. Abschließend konnte der entwässerte Klärschlamm zur Entsorgung abtransportiert werden.
Nach 27 Tagen waren alle Arbeiten erledigt und der Faulbehälter komplett leergepumpt. Danach konnten alle geplanten Instanthaltungsmaßnahmen durchgeführt werden.
Der Schlamm wurde über eine Rohrleitung vom Faulbehälter zu einem Container geleitet | Quelle: Umwelttauchservice Ulrich
Schlammbehandlung kurz erklärt
Die Schlammbehandlung ist ein zentraler Schritt der Abwasserreinigung und umfasst Voreindickung, Faulbehälter, Nacheindickung, Entwässerung und Trocknung. Kleinere Anlagen entwässern den Schlamm nur und geben ihn zur weiteren Bearbeitung an größere Kläranlagen. Durch die Entwässerung und Trocknung wird das Volumen des Schlamms reduziert.
Im Faulbehälter finden bei ca. 35°C biochemischen Umsatzprozesse statt, die den Schlamm stabilisieren. Ziel ist es, einen höheren mineralischen Anteil im Schlamm zu erhalten und gleichzeitig organische Bestandteile im Schlamm abzubauen. Dadurch ergibt sich eine deutlich geringere biochemische Aktivität. Die durchschnittliche Aufenthaltszeit des Klärschlamms im Faulbehälter beträgt rund 20 Tage.
Dabei entstehen Gase, die zur Energiegewinnung genutzt werden können, zum Beispiel in einem Blockheizkraftwerk, das die Gase in Elektrizität umwandelt.